Wie Aube Teil der Champagne wurde

Wie Aube Teil der Champagne wurde

150 Kilometer nordöstlich von Paris fängt die französische Champagne an und erstreckt sich über die fünf Départements Marne, Aube, Aisne, Haute-Marne und Seine-et-Marne. Womit sich die Region in fünf Unterbereiche einteilen lässt. Nämlich Côte des Blancs, Montagne de Reims, Côte de Cézanne, Vallée de la Marne und Côte des Bar, durch die eben die Aube fließt, weswegen man letzteren Bereich auch einfach nur gerne Aube nennt.

Wer sich tiefergehend mit Champagner beschäftigt, der lernt genau diese fünf Teilbereiche, die zusammen auf 34.000 Hektar Rebfläche kommen, mit als erstes auswendig. Denn sie sind oft stilprägend, wenn es um den edlen Schaumwein geht. Da mag es eine kleine Überraschung sein, dass die Côte des Bar seit nicht einmal 100 Jahre offiziell zur Champagne zählt. Tatsächlich kam der Bereich nämlich erst 1927 hinzu. Und das auch erst nach recht blutigen Kämpfen. Tauchen wir einmal in die turbulente Geschichte der Champagne ein.

Montgueux: Das heimliche Juwel der Champagne

Es ist ja nicht so, dass die Aube-Winzer aus dem Nichts heraus ein Teil der Champagne sein wollten. Denn inoffiziell kamen schon Mitte des 19. Jahrhunderts erstaunlich viele Trauben für die Champagner-Produktion von dort. Es waren vor allem die großen Häuser, die die günstigen und doch herausragend guten Aube-Trauben sehr zu schätzen wussten. Zum einen kamen nicht eben wenige Pinot-Noir-Weinbeeren von der Côte des Bar in so manches Prestige-Gewächs der angesehenen Maisons. Zum anderen wusste man aber bereits in den 1850er-Jahren die Chardonnay-Trauben aus dem Örtchen Montgueux sehr zu schätzen. Aufgrund der enorm hohen Qualitäten nannte man die Gemeinde sogar das "Montrachet der Champagne"!

Damals waren die Gesetze für die Champagner-Bereitung bei Weitem nicht so streng wie heute. Sodass es tatsächlich niemand kümmerte, ob die Trauben denn nun direkt aus der Champagne kamen - oder eben aus einem der Nachbarorte. Vinfiziert wurde schließlich in der Champagne. Und damit hatte man es dann auch mit Champagner zu tun. Punkt. Aus. Ende der Diskussion. Zumindest für die großen Häuser. Dass die Aube-Winzer das damals anders sahen, versteht sich von selbst. Es ist halt finanziell schon eine ganz andere Hausnummer, Lesegut einfach nur zur verkaufen - und das meist zu einem unterirdisch niedrigen Preis - oder aber selbst Champagner herstellen zu dürfen, der bereits damals nicht eben erschwinglich war.

 

Erster Dämpfer für die Aube-Winzer

Bis zum Jahr 1908 bereiteten die Aube-Winzer deswegen eigenen Schaumwein - und brachten ihn als Champagner auf den Markt. Was vor allem den Maisons der Champagne mächtig stank. Deswegen erwirkten sie 1908 ein Dekret, das genau diese Benennung verbot. Aus Aube durfte seitdem einfach nur noch schnöder Schaumwein kommen. Aber es kam noch bunter! Denn zu diesem Zeitpunkt waren nicht nur in der Champagne, sondern auch in der Region Aube ein Großteil der Rebflächen vernichtet. Die Reblaus hatte da ganze Arbeit geleistet. Statt an einem Strang zu ziehen, versuchten die Champagnerhäuser aber, den Kilopreis für Trauben noch weiter zu drücken. Kapitalistische Gier ist ja schließlich keine Erfindung von heute.

 

Aÿ brennt!

Nicht nur die Winzer der Aube, sondern auch ihre Kollegen, die offiziell zur Champagne gehörten, akzeptierten diese Dumpingpreise natürlich nicht. Also kauften die Häuser einfach Trauben aus anderen französischen Regionen, zum Beispiel aus der Loire-Region. Und sie kauften auch kräftig im Ausland ein. Zum Beispiel aus den deutschen Weinregionen. Als immer mehr Trauben aus anderen Regionen in die Champagne gelangten, hatten die Winzer im Januar 1911 genug: Es kam zu Aufständen in den beiden Dörfern Damery und Hautvilliers, in denen viele Champagnerhäuser Lagerhäuser hatten. Hier stoppten die Winzer eingehende Traubenlieferungen von der Loire und zerstörten sie. Anschließend stürmten sie die Champagnerlager und schütteten die Grundweine und den fertigen Schaumwein in die Marne.

Aber das war nur das Vorspiel! Denn die Winzer, die sich inzwischen in einen wütenden Mob verwandelt hatten, zogen weiter nach Aÿ. Und da ging es dann richtig los. Die Winzer traten in Aÿ Tür um Tür ein und verwüsteten ein Haus nach dem anderen. Es war ihnen egal, ob die Bewohner in der Champagnerindustrie arbeiteten oder nicht. Sie hatten nur ein Ziel: Aÿ sollte brennen! Und das tat es auch. Der Gouverneur der Region schickte in Panik ein Telegramm nach Paris, in dem er von den bürgerkriegsähnlichen Zuständen berichtete. Die Regierung schickte sofort 40.000 Soldaten in die Champagne, bevor der Mob Aÿ tatsächlich in Schutt und Asche legen konnte. Es waren genau diese Soldaten, die schnell wieder für Ruhe sorgten.

Second winegrowers' revolt: fire is followed by blood

Nicht nur die Aube-Winzer, sondern auch deren Kollegen, die offiziell zur Champagne gehörten, ließen sich natürlich nicht auf diese Dumping-Preise ein. Also kauften die Maisons kurzerhand Trauben aus anderen französischen Regionen wie der Loire. Wobei auch im Ausland kräftig eingekauft wurde. Zum Beispiel in Deutschland. Als immer mehr Trauben aus anderen Regionen ihren Weg in die Champagne fanden, war für die Weinbauern im Januar 1911 Schluss mit lustig: Die Aufstände begannen in den beiden Örtchen Damery und Hautvilliers, wo sich viele Lager von Champagnerhäusern befanden. Hier hielten Winzer ankommende Transporte mit Trauben von der Loire auf und vernichteten sie. Dann stürmten sie die Champagnerlager und kippten die Grund- und bereits fertigen Schaumweine in die Marne.

Doch das war eigentlich erst das Warm-up! Denn die Winzer, die sich inzwischen in einen wütenden Mob verwandelt hatten, zogen weiter nach Aÿ. Und hier ging's dann richtig los. Die Weinbauern traten in Aÿ Tür um Tür ein und verwüsteten ein Haus nach dem nächsten. Dabei nahmen sie keine Rücksicht darauf, ob die Bewohner überhaupt in der Champagner-Branche arbeiteten oder nicht. Sie hatten nur ein Ziel: Aÿ sollte brennen! Was es dann auch tat. Panisch telegrafierte der Gouverneur der Region nach Paris und berichtete von den bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Die Regierung schickte sofort 40.000 Soldaten in die Champagne, bevor der Mob Aÿ tatsächlich in Schutt und Asche legen konnte. Genau diese Soldaten sorgten dann auch schnell für Ruhe.

Willkommen in der Champagner-Familie, Aube!

Nun ist ja niemand gerne zweitklassig. Vor allem, wenn das Produkt selbst eben erstklassig und nicht von den Gewächsen der eigentlichen Champagne zu unterscheiden ist. Die Aube-Weinbauern kämpften also weiter für ihr Recht, Champagner ohne Namenszusatz produzieren zu dürfen. Nur taten sie dieses jetzt eben ausschließlich mit Worten und Argumenten statt mit den Fäusten. Es sollte allerdings dauern, bis sich ihre Hartnäckigkeit auszahlte. Denn erst einmal kam ihnen der Erste Weltkrieg dazwischen. In diesem standen Champagne und Aube wieder fest vereint Seite an Seite an der Front. Und dann sollte es ein paar Jahre dauern, bis sich Frankreich von seinen Kriegswunden erholt hatte und das Bürgertum wieder Durst auf Champagner hatte.

Letztlich waren es nämlich rein schnöde wirtschaftliche Argumente, die Aube 1927 dann doch offiziell Teil der Champagne werden ließen. Dort benötigte man schlichtweg die Trauben aus den 7.000 Hektar, um der Champagner-Nachfrage Herr werden zu können. Zusammen konnte man so bereits 1928 insgesamt 300 Millionen Flaschen Champagner auf den Markt bringen. Ohne Aube wäre das nicht möglich gewesen. Und so entpuppt sich ausgerechnet die Wirtschaft in diesem Fall als Friedensstifter. Wer hätte das gedacht!

 

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